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50stes Jubiläum des selbstverwalteten Jugendzentrums

Erkämpfter „Freiraum für Jugendliche“ gibt den Jugendlichen Raum sich zu entfalten.

Jugendzentrum Friedrich Dürr

Selbstverwaltetes Jugendzentrum: 50stes Jubiläum hart erkämpft

Einfach war es für die „Juzis“, wie sie sich selbst nennen, in den 50 Jahren des JUZ-Bestehens wahrlich nicht, ihre Einrichtung zu erhalten. Max Temmer bildet gemeinsam mit Catrin Lutz und Robert Stoner die Geschäftsleitung im Jugendzentrum in Selbstverwaltung Friedrich Dürr. Er kann deshalb auch eine ausführliche „Dokumentation der versuchten Schließung“ aus dem Regal ziehen. Die steht wie das jetzt im Verlag Wochenschau Verlag erschienene Buch zum 50sten Bestehen mit dem Titel „Selbstorganisierte politische Jugendarbeit im Konflikt“ im Raum der Fachschaft „Infoladen“.

Die Fachschaft bietet Informationsmaterial zur Ausleihe und lädt ein zur Diskussion und kritischen Betrachtung politischer Entwicklungen. Die sich selbst organisierenden Fachschaften tragen das JUZ. Es gibt derzeit zwölf Fachschaften, die eines verbindet: Sie stehen denen offen, die sich einbringen wollen, mit Ideen, mit Engagement und Lust, sich selbst auszuprobieren. Sie reichen von der Fachschaft für „politische Bildung“ bis zur „Garten oder Fahrradfachschaft“. Sie bieten Raum für Disco oder Musik. Sie entwickeln sich und fallen auch ‘mal wieder‘ weg. Denn sie leben von den Initiativen Einzelner, die etwas bewegen wollen. Schon immer. Die Fachschaften haben ihre Räume im JUZ und kümmern sich auch um Treffen, Termine, um Auftritte, Materialien, um Weiterentwicklung. Ein monatlicher Programmflyer informiert über die Aktivitäten im JUZ.

„Ich bin dafür, dass es ein JUZ bleibt, aber ich bin auch dafür, dass an passenden Stellen von einer Öffnung geredet wird, dass man als Älterer auch gelegentlich hinkommmen kann”, sagt Haru, einer der Urväter des JUZ. Ein Wunsch für die nächsten 50 Jahre, den viele teilen: das JUZ in seinen Grundwerten erhalten wie es ist und Neues schaffen, damit es weitergeht.

Der Slogan zum 50sten ist Programmatik des JUZ. Er lautet „Freiraum seit 1973“. Denn das JUZ ist „auch ein Ort zum Ausprobieren“, beschreibt es Temmer. Viele, die inzwischen längst dem Jugendalter entwachsen sind, haben hier Kreativität geübt und gelernt. Sie haben sich eingebracht und miterkämpft, dass das JUZ mit seinem Freiraum bestehen bleibt. So der Neckarstädter und Historiker Hans-Joachim Hirsch oder der neue Community ArtCenter-Leiter Tobias Frindt oder Haru, der dem JUZ über den Infoladen immer noch stark verbunden ist.

„Freiraum für Jugendliche“, das ist im JUZ keine beliebige Forderung. Der Namensgeber des JUZ, der Mannheimer Widerstandskämpfer Friedrich Dürr, der in Dachau erschossen wurde, mahnt groß abgebildet auf der Hausmauer am Eingang des JUZ in der Käthe-Kollwitz-Straße 2-4. Die „Juzis“ mischen sich ein, mit ihrer Stimme gegen Rassismus und rechte Gewalt, gegen jede Form der Diskriminierung, machen sich stark für Pazifismus und Ökologie, engagieren sich auch praktisch wie zum Beispiel im Netzwerk für Demokratie und Courage.

Seit 2007 gibt es im JUZ ein offenes Angebot für Migrant*innen Deutsch zu lernen, das Bestand hat und jetzt von den Honorarkräften Hannah und Lukas viermal die Woche je eineinhalb Stunden angeboten wird. Das Angebot sei aus der Förderung rausgeflogen, sagt Temmer, obwohl das Angebot gerade weil es ein offenes ist und es nicht um Zertifikate gehe, unglaublich gut angenommen werde.

Im JUZ dürfen Jugendliche aber auch einfach abhängen, laut sein und unbequem, was nicht bedeutet, dass es keine Regeln gibt. Als festes Angebot ist das Jugendcafé für Jugendliche ab 14 Jahren montags und donnerstags von 15:00 bis 19:00 geöffnet. Auch das hat Bestand. Im, von der Integrationsförderung der Stadt unterstützen, Jugendcafé gelten die Gebote des Jugendschutzes „kein Alkohol, keine Drogen“ und werden ernst genommen. Im Zweifel gibt es auch Hausverbot.

Die Fachschaften funktionieren, weil die Macher auf Solidarität setzen, auf Gemeinschaftssinn und auch auf den verantwortungsvollen Umgang mit den Materialien. Jeden Montag ist Vollversammlung und wird häufig heiß über politische Linien aber auch das praktische Miteinander diskutiert.

Wie viele Einrichtungen muss sich auch das JUZ immer wieder neu ausrichten, werben, um Stellen kämpfen und um Anerkennung. Das JUZ hat politische Gegner*innen, Schließungsansinnen, den Umzug von der Innenstadt an den Rand der Neckarstadt und vieles mehr überstanden…es könnte eine Renovierung gebrauchen, weil die Infrastruktur teilweise veraltet ist.

Was das JUZ ist und kann zeigt sich unter anderem im Jubiläums-Programm das bis Juni reicht.
Mehr unter juz-mannheim.de/50-jahre-juz.

Das Buch zum 50sten Bestehen reflektiert die Zeitgeschichte der Jugendzentrumsbewegung, am Beispiel JUZ Mannheim, eines der ältesten selbstverwalteten Jugendzentren. Es kostet 34,90 Euro und kann über den Buchhandel oder online bestellt werden oder im JUZ erworben werden.
ISBN:978-3-7344-1566-1Reihe